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Spanlose Gewindefertigung - Gewindeformen

26.08.2015

Immer häufiger werde ich von unseren Kunden auf das spanlose Verfahren zur Herstellung von Innengewinden, dem Gewindeformen bzw. Gewindefurchen, angesprochen.

Obwohl es dieses Verfahren schon mehrere Jahre gibt, wissen viele Anwender nicht, worum es sich genau handelt und wo die Vorteile liegen. Schon optisch sind die Gewindeformer von den Gewindebohrern zu unterscheiden.

In diesem Beitrag habe ich mal die wichtigsten Punkte zusammengefasst und hoffe, dass diese für Sie hilfreich sind.

Gewindeformer
Gewindeformer

Gewindebohrer
Gewindebohrer

Gewindebohrer TiN
Gewindebohrer

Verfahrensmerkmale

  • spanlos
  • stufenförmiger Umformprozess
  • Innenbearbeitung
  • Erzeugen der Gewindekontur durch Verdrängen des Materials

Voraussetzungen

  • Werkstoffe mit einer Festigkeit < 1200 N/mm²
  • in der Regel axiales Ausgleichfutter erforderlich
  • größerer Kernloch-Vorbohrdurchmesser erforderlich
  • erweitert Kerndurchmesser-Toleranz des gefurchten Gewindes nach DIN 13-50 zulässig

Vorteile

  • Einsatz auf einfachen Maschinen möglich, auch auf Mehrspindel-Maschinen
  • höhere Umfangsgeschwindigkeiten möglich
    erhöhte statische und dynamische Festigkeit des Gewindes
  • kein axiales Verschneiden (Vorweite) der Gewinde
  • keine Spanprobleme
  • für größere Gewindetiefen geeignet
  • größere Werkzeugbruchsicherheit
  • höhere Standzeiten gegenüber Gewindebohrern
  • hohe Oberflächenqualität

Nachteil

  • enge Toleranz des Vorbohrdurchmessers erforderlich
  • Drehmoment bis zum doppelten Schnittmoment eines Gewindebohrers
  • Materialaufwurf an Ein- und Auslauf des Gewindes
  • kein Nachschleifen möglich
  • unvollständig ausgeformter Gewindekern

Anwendung

Der Werkstoff muss gut kaltumformbar sein. Zum Gewindefurchen eignen sich:

  • Leichtmetalle und Leichtmetall-Legierungen
  • Nickel- und Kobaltlegierungen
  • Titan und Titanlegierungen
  • Buntmetalle
  • Stähle bis ca. 1200 N/mm²
  • Rost-/säure-/hitzebeständige Stähle bis ca. 1200 N/mm²
  • das problemlose furchen ist im hohem Maß von den Eigenschaften des Schmiermittels abhängig

Steigung

Die maximale drück-oder formbare Gewindetiefe ist größer als beim zerspanenden Werkzeug. Bei guter Qualität der Kühlschmierung ist deshalb die erreichbare Gewindetiefe nur durch die Baulänge des Werkzeugs begrenzt.

Schmierung

Die hohen spezifischen Verformkräfte  beim Kaltverformen bedingen hohe Reibungskräfte. Der problemlose Einsatz von Gewindeformern ist deshalb im hohen Maß von den Eigenschaften des Schmiermittels abhängig.

Umfangsgeschwindigkeit

Gegenüber dem Gewindeschneiden, also der spanenden Gewindeherstellung, ist beim Gewindeformen eine höhere Umfangsgeschwindigkeit notwendig.

Toleranzen des Gewindeteils

Das Gewindeteil des Furchers wird im Vergleich zum Gewindebohrer mit einer erhöhten Toleranzlage ausgelegt. Der Furcher wird auf Grund von zwei Eigenschaften auf die Toleranz 6HX gelegt. Zum einen "schneidet" der Gewindefurcher nicht auf. d. h., das erzeugte Gewinde ist nie größer als das Gewindeteil des Furchers. Zum anderen federn die Werkstoffe nach der plastischen Verformung um den elastischen Anteil zurück.

Das erzeugte Gewinde ist ist deshalb kleiner als das Gewindeteil des Furchers. Der Furcher lässt sich nach dem Gewindefurchen nicht nochmals von Hand in das Gewinde eindrehen, was beim Gewindebohren meist problemlos möglich ist.

Darum ist es möglich und nötig, das Gewindeteil näher an die obere Toleranzgrenze des Innengewindes zu legen.

Toeleranzauslegung Gewinde
Foto: Emuge-Franken

Fehler, Ursachen und Abhilfe

  • Gewinde ist nicht voll ausgeformt
    > eventuelle Ursache: Vorbohrdurchmesser zu groß
    > Abhilfe: geeigneten Vorbohrdurchmesser wählen, in Kernlochtabelle nachsehen
  • Gewinde ist überformt
    > eventuelle Ursache: Vorbohrdurchmesser zu klein
    > Abhilfe: Vorbohrdurchmesser vergrößern, in Kernlochtabelle nachsehen
  • Gewindeoberfläche unsauber, Gewindeflanken ausgerissen
    > eventuelle Ursache: Kühlschmierung in Zusammensetzung oder Zufuhr nicht ausreichend
    > Abhilfe: a) Schmierung ändern und für ausreichende Zufuhr sorgen
    > Abhilfe: b) Werkzeuge mit Ölnuten einsetzen
    > eventuelle Ursache: Materialanhaftung am Werkzeug
    > Abhilfe: beschichtete Werkzeuge einsetzen
  • Werkzeuggewaltbruch
    > eventuelle Ursache: Vorbohrdurchmesser zu klein
    > Abhilfe: geeigneten Vorbohrdurchmesser wählen, in Kernlochtabelle nachsehen
    > eventuelle Ursache: Kühlschmierung in Zusammenstezung oder Zufuhr nicht ausreichend
    > Abhilfe: a) Schmierung ändern und für ausreichende Zufuhr sorgen
    > Abhilfe: b) Werkzeuge mit Ölnuten einsetzen
    > eventuelle Ursache: Materialanhaftung am Werkzeug
    > Abhilfe: beschichtete Werkzeuge einsetzen 
  • Kerndurchmesser zu eng
    > eventuelle Ursache: Vorbohrdurchmesser zu klein
    > Abhilfe: Vorbohrdurchmesser vergrößern, in Kernlochtabelle nachsehen

 

Wenn Sie noch weitere Informationen zu den Themen Gewindeformen, Gewindeschneiden oder den Schmiermitteln benötigen, dann würde ich mich freuen von Ihnen zu hören.

Schreiben Sie uns über das Kontaktformular auf dieser Webseite eine Nachricht, oder kontaktieren Sie uns direkt unter info@hpw-gmbh.de 

 

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